Die Faustillustration


„Neben den großen, ewigen Themen des antiken und christlichen Bilderkreises gibt es wohl wenige Gestalten und Stoffe der Neuzeit, welche — z. T. mit weit zurückreichenden Wurzeln — Literatur und bildende Kunst so beschäftigt haben wie die Faustgestalt.
Das Bild Fausts in der bildenden Kunst ist dem Wandel der Zeiten unterworfen und findet in den verschiedenen nationalen Temperamenten der Völker seine verschiedenartige Spiegelung. [...]
Das Schrifttum über den Fauststoff, von dem die Faustillustration nur einen kleinen Unterabschnitt bildet, ist nahezu uferlos.“ [Wegner, S. 7]

„1587 erschien in Frankfurt a. Main bei Johann Spiess das älteste der gedruckten Faustbücher. Es erlebte einige Neuausgaben und viele Nachdrucke. Die ältesten Faustillustrationen sind Titelblätter [der] Ausgabe [...] Straßburg 1588. Hier ist Faust im Gespräch mit dem geflügelten Teufel in Bocksgestalt dargestellt, dahinter links die gleiche Darstellung, links Faust vom Teufel in den Lüften getragen und rechts von zwei Teufeln in der Luft zerrissen. [...]
Die [...] Ausgabe von 1589 ist nur ein grober Nachschnitt nach dem vorigen. Stil und Teufeltypen des Holzschnitts von 1588 erinnern an das Titelblatt zum Theatrum diabolorum, Frankfurt 1569 von Jost Amman [...] Wir sehen hier Faust im Gespräch mit dem Teufel, der im Gewand eines Franziskaners auftritt [...], links den Teufel mit Faust in den Lüften.
„Schon in den Illustrationen von 1588 und bei Sichem zeigt sich die antikatholische Tendenz darin, dass der Teufel (entsprechend dem Text) im Mönchsgewand erschien. Somit rücken die frühen Titelblätter in den Kreis der polemischen Illustration ein.“ [Wegner, S. 17]

„Ein Zurückgehen der Faust-Illustrationen und deren Qualität zeigt sich in Deutschland seit der Zeit um 1600, allgemein im Laufe des 17. Jahrhunderts.
[...] Ein etwa 1710/1720 entstandener deutscher Flugblatt-Kupferstich zeigt in der Mitte Faust in der Beschwörungsszene, ringsherum 26 Darstellungen aus Fausts Leben. Faust erscheint hier in Allongeperücke und mit Bäffchen verziertem Talar. Die aufklärerische Einstellung vertritt der Philosoph Jac. Thomasius, der die Existenz des Teufels und der Zauberei 1725 bestreitet.“ [S. 29]

„Nach dem Volkslied (Vers 10 — 20) verlangt Faust am Karfreitag von Mephistopheles, dass er ihm das Bild des Gekreuzigten male, was dieser nicht vermag. Das Wiener Faust-Bild, angeblich vom Teufel auf Fausts Geheiß gemalt, ist im Zusammenhang mit gegenreformatorischen Strömungen zur größeren Ehre des Namens Christi kurz nach 1700 entstanden. Hier ist auch die Faust-Ballade zu nennen, die im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts entstand. Es handelt sich dabei um eine rein österreichische Gruppe der Faust-Überlieferung.
[...]
Auch im 18. und frühen 19. Jahrhundert sind die Verwechslungen zwischen Faust und Fust (dem Mainzer Buchdrucker des 15. Jahrhunderts) häufig. Wenn dabei in der 1740 in Erfurt erschienenen Schrift »Merkwürdiges Gespräch im Reich der Toten zwischen den ersten Erfindern der Buchdruckerkunst« Faust den Typ eines protestantischen Theologen des 16. Jahrhunderts zeigt, so kommt diese Faust-Auffassung auch in einer Reihe von Ausgaben des 1725 in Frankfurt und Leipzig erschienenen Volksbuches, bearbeitet »Von einem christlichmeinenden« ebenfalls vor.“ [Wegner, S. 33 f.]

„Als im Sturm und Drang die Beschäftigung mit Faust wieder einsetzte, hatte dieser seine einstige gefährliche Aktualität längst eingebüßt. Er war zu einer Figur der Geschichte geworden, deren sich nun die Dichtung bemächtigen durfte und die Goethe zu einer allgemeingültigen Symbolgestalt verdichten konnte. Seine erstmalig 1790 erschienene Dichtung hat zweifellos ungeheuer anregend auf die Zeitgenossen gewirkt. Die Dichtungen Johann Friedrich Müllers (des »Maler Müller«, 1778) und Friedrich Maximilian Klingers (1791) zeigen in ihren Faust-Gestalten Figuren von vielfach originellen Zügen, in denen sich nun Elemente des Sturm und Drang mit solchen des alten Faust-Buches vermengen, das hier rein stofflich stärker nachwirkt als in Goethes Dichtung. Bei Maler Müller erscheint Faust als Kavalier, im Zauberkreis, mit Dämonen; der ‚Geist’ zeigt Faust in lebenden Bildern Frauen und Ehren der Welt. Die Titelvignette Müllers zur ersten Ausgabe 1778 stellt die in seiner Dichtung vorkommenden drei Juden ganz unkonventionell in einem am holländischen 17. Jahrhundert geschulten Realismus [...] dar. Die Ausgabe von F. M. Klinger von 1794 zeigt außer dem Titelkupfer 6 Kupfer mit Szenen aus Fausts Leben [...]. Sie bringen die Figuren in mittelalterlichen Kostümen, wie sie eben in dieser Zeit, wohl in Anlehnung an englische Kunst und an englische Modebestrebungen, verstanden wurden. In den Kostümen der Goethe-Illustrationen des 19. Jahrhunderts sehen wir dann, dem allgemein-romantischen Zuge der Zeit entsprechend, die Weiterführung ins Altdeutsche.“ [Wegner, S. 36 f.]

„Wandel der Mephistogestalt. Die Herkunft des Wortes Mephisto ist bis heute ungeklärt. Die Figur findet sich schon bei Marlowe, das Wort »Mephistophilus« auch in Shakespeares »Lustigen Weibern von Windsor«. Bei Klinger erscheint Mephistopheles in menschlicher, in dem letzten Kupfer, in dem er Faust in die Lüfte schleudert, in Riesengestalt. Auch sonst konnte zuvor der Auffassungswandel beobachtet werden. Teufel im modischen Kostüm begegneten schon im 15. Jahrhundert [...]. Wir können die Herkunft des modernen Gentleman-Teufels in einer Zeichnung von Leonard Bramer, Versuchung Christi [...], bis nach Holland ins mittlere 17. Jahrhundert verfolgen. Das Bild des Teufels trägt hier, als Spottbild des spanischen Soldaten, die Züge des aufgeputzten Capitano der Commedia dell’arte. Ein Zug zu schwankhafter Behandlung des Faust-Stoffs im 17. – 18. Jahrhundert lässt sich in Volksschauspiel und Puppenspiel (Hanswurst) übrigens auch sonst feststellen.
Nicht unerwähnt bleiben darf, etwa für die Vorgeschichte der Darstellung des Erdgeistes, ja vielleicht sogar für seine Entstehung bei Goethe [...] und mit Rembrandt B. 270 die Gespenstergeschichte. Bis ins 17. Jahrhundert in Deutschland unbekannt, ist sie auf ausländische Einflüsse (englische Komödianten) zurückzuführen.“ [S. 38 f.]

„In »Die Walpurgisnacht« von Johann Friedrich Löwen, Hamburg und Leipzig 1756, wird zum ersten Mal Faust mit der Walpurgisnacht in Verbindung gebracht. Diese ist in dem Titelkupfer von Crusius und dem Kupfer von J. W. Meil für den 3. Teil 1765 dargestellt. Goethe kannte diese Dichtung. Die in Rom 1796 entstandene Zeichnung der Hexenküche von Asmus Jakob Carstens (Weimar, Goethe-National-Museum) steht im Kostümlichen den Klinger-Illustrationen nahe und kommt aus derselben Tradition. Das Titelkupfer des 1797 erschienenen Faust von Julius Reichsgraf Soden zeigt Faust in einen Kerker eindringend.“ [Wegner, S. 44 f.]

„Zur allgemeinen Situation der Buchillustration der Goethezeit betont E. Leskien, dass der Klassizismus den Buchschmuck zurückdränge, dagegen auf Satz, Schriftbild, Type Wert lege. Vor den Ausgaben der großen Offizinen der Zeit verblasste die gleichzeitige Illustration. [...] 1798 äußerte Goethe brieflich den Gedanken einer Illustration durch seinen Freund Heinrich Meyer. In einem Brief an Cotta (25.11.1805) sprach sich Goethe gegen eine Illustration des Faust aus.“ [Wegner, S. 46]

„Die 12 Blatt umfassende, Frankfurt 1816 von F. Ruscheweyh gestochene Folge von Peter Cornelius ist die bedeutendste deutsche zeitgenössische Faust-Illustration. Von den zahlreichen Vorzeichnungen sah Goethe die sieben bis 1811 in Frankfurt vollendeten, die übrigen entstanden später in Rom. Das »Vorspiel auf dem Theater«, ebenso wie das voraufgehende Widmungsblatt zeigen auch im Ornamentalen das Studium Dürers, das Goethe Cornelius in seinem Brief vom 8.5.1811 empfohlen hatte. Später (1828) hat er sich über Cornelius und die Faust-Illustration überhaupt skeptisch geäußert.“ [Wegner, S. 55]
1828 erschien der neben Cornelius bedeutendste Zyklus von Faust-Illustrationen, die Folge von 17 Lithographien von Eugène Delacroix, die außerdem zu den wenigen Illustrationen im eigentlichen Sinne gehört, da sie der Faust-Übersetzung von Albert Stapfer beigegeben waren. Goethe hat sich ausführlich Eckermann gegenüber und später in »Kunst und Alterthum« über Delacroix geäußert, und wenn er auch 1828 im Gespräch zu Joseph Stieler sagte ‚dieses Gedicht hat man oft darzustellen versucht, ich halte aber dafür, dass es wenig für die bildende Kunst geeignet ist, weil es zu poetisch ist’, so sagte er doch andererseits zu Eckermann (29.11.1826): ‚und wenn ich nun gestehen muss, dass Herr Delacroix meine eigene Vorstellung bei Szenen übertroffen hat, die ich selber gemacht habe, um wie viel mehr werden nicht meine Leser alles lebendig und über ihre Imagination hinausgehend finden!’: ‚Delacroix befasst sich allein von allen Künstlern nicht nur mit der Gretchen-Tragödie, ... bei ihm beherrscht Mephisto die Tragödie. Sein Gretchen ist nicht das zarte, unschuldsvolle, tränenreiche Kind und sein Faust ist nicht der fein herausgeputzte Theaterheld mit wallenden Federn und flatternden Bändern. Ganz im Gegenteil, sein Faust hat etwas von seinem Dämon angenommen, er ist auch äußerlich ein Stück seines Schöpfers und Verführers. Beide sind nicht schöne theatralisch auffrisierte Marionetten, sie sind voll Feuer und Blut und sprechen die Worte wirklich, die ihnen Goethe in den Mund gelegt hat’. [Rümann]“ [Wegner, S. 70]

Weitere Faust-Dichtungen. Berlin 1802 »Die Jubelfeier der Hölle oder Faust der Jüngere« mit Titelkupfer: Fausts Höllenfahrt. Der »Genealogische und Post-Kalender« von 1818 bringt Kupferstiche von F. W. Meyer nach L. Wolf zu dem 1815 erschienenen Trauerspiel von August Klingemann, dem Leiter des Braunschweiger Hoftheaters, der auch die Uraufführung von Goethes Faust 1829 herausbrachte. Sie spiegeln die blutrünstig-verbrecherischen Züge wieder, welche der Faustgestalt in diesem Bühnenstück eigen. Die Kostüme zeigen noch die Nachwirkungen der Tradition des 18. Jahrhunderts.
Christian Dietrich Grabbes »Don Juan und Faust« (1829) hat — soweit bisher bekannt — keine Illustration erfahren. Bei der Zeichnung »Faust und Mephisto an der Leiche Valentins« handelt es sich möglicherweise um die Darstellung der ersten Szene des dritten Aktes »Rom, Platz vor einem der nördlichen Tore. Nacht, jedoch nicht sehr finster«. Es findet ein Zwiegespräch statt zwischen Don Juan und dem Gouverneur (dem Komtur bei Mozart), der im Duell tödlich verwundet worden ist. Anwesend ist Don Juans Diener Leporello, während Gasparo, der Diener des Komturs, einen Priester für den Sterbenden holt. Grund für die Annahme, dass es sich um eine Illustration zu Grabbe handelt, sind vor allem die Kirchen im Hintergrund, die im italienischen Barockstil gehalten sind. Retzsch hat aber auch in seinen sonstigen Faustillustrationen stets auf eine gewisse Treue in der Wiedergabe des Lokalkolorits Wert gelegt.
Die Nachwirkungen des Volksbuches zeigen sich auch in den zwei Lithos von C. W. Müller nach W. Pilgram, ebenso in denen von J. B. Kuhn nach Julius Nisle zu Nikolaus Lenaus Faust (1835). Fausts Tanz mit der Braut im Wirtshaus geht der Verführung voraus. In der Szene »Der Mord« kniet Faust vor der von ihm porträtierten und begehrten Fürstin im Palast, deren herbeigeeilten Gemahl er ermordet hat.
Eine Litho von Joh. Peter Lyser, Dr. Faust in Auerbachs Keller darstellend, bringt »Abendländische Tausend und eine Nacht«, 6. Bändchen (1838/39). Heinrich Heine »Faust, ein Tanzpoem«, Hamburg 1851, zeigt auf dem reizvollen Umschlagtitel einen Widderkopf mit Flügeln (Mephisto), davor ein nacktes und ein bekleidetes Weib. Diese Pantomime Heines wurde zunächst in London als ungeeignet zurückgewiesen und dann von Heine als Buch veröffentlicht.

In den 30er-Jahren [des 19. Jahrhunderts], in der späteren Romantik, setzt eine Reihe von z. T. auch freier bearbeiteten Neuausgaben des alten Volksbuches ein. Einige von ihnen zeigen Illustrationen, die zu den romantischen Buchillustrationen gehören und eine Würdigung verdienen, die ihnen bisher noch nicht widerfahren ist.“ [Wegner, S. 84 f.]
„Die auf die 40er-Jahre [des 19. Jahrhunderts] folgenden Jahrzehnte sind beherrscht von den salonhaften Ausstattungsbildern der Kaulbach, Kreling, Liezen-Mayer, Gabriel Max und Ary Scheffer.
[...]
Ganz allgemein hat sich das Verhältnis von Illustration und Bühne gewandelt. In der Frühzeit des [19.] Jahrhunderts wirkte die bildende Kunst, durch reale Gegebenheiten ungebundener, in einer Reihe von Fällen auf die szenische Ausstattung ein. In der Folgezeit hat der durch Goethe gestaltete Fauststoff allgemeine Verbreitung gefunden. Die Musik gestaltet ihn in Lied, Oper, Symphonie in einer Reihe z. T. bedeutender Werke (Spohr, Schubert, Berlioz, Gounod, Richard Wagner, Liszt). Goethes Dichtung selbst erobert sich — im Gegensatz zur Goethezeit — die Bühne, und zwar jetzt erst in ihrer originalen, im Wesentlichen ungekürzten Gestalt. Der zweite Teil wurde übrigens, nach einer erfolglosen Bearbeitung durch Eckermann, 1854 in einer verballhornten Fassung in Hamburg, 1876 in Weimar in der Bearbeitung durch Devrient gegeben.
Aber auch bis ins 20. Jahrhundert hinein entstehen, mehr oder minder im Banne des großen goetheschen Werkes, immer noch eine Reihe von Faustdichtungen, die allerdings für die Frage der Faust-Illustration kaum Bedeutung haben dürften.
Wie H. Kindermann nachgewiesen hat, ist der Wandel des Goethebildes im Allgemeinen und der Faustvorstellungen im Besonderen ein Stück Geistesgeschichte der Nachgoethezeit. Alexander Tille, einer der verdienstvollsten älteren Faust-Forscher hat sehr zeitbedingte, aber interessante Beiträge zur Faustauffassung des späteren deutschen 19. Jahrhunderts geliefert, die durch die erwähnten Ausführungen von J. Petersen nur ergänzt und bestätigt werden [...].
Nach Tille wird Faust am Schluss des zweiten Teils zum Mann der Tat, seine Entwicklung wird von Seibertz und W. v. Kaulbach als »Wandlung vom Denken zur Tat« verstanden. Das Jahrhundert erfährt dieselbe Wandlung. Während für Tille die Radziwill-Bilder als »Christusartig« empfunden werden, ist für ihn die Auffassung von Seibertz eine »Übersetzung ins Blonde, Germanische«, Faust wird ‚seiner deutschen Abkunft zurückerobert und zum geistigen Nationalheros des deutschen Stammes gestempelt’. Erst bei Seibertz ist (nach Tille) der Teufel Kavalier. Gretchen am Spinnrade im Sammetkleide nach Alexander Liezen-Mayer zeigt für Tille die ‚Selbstbewusstheit des Weibes im Zeitalter der Frauenbewegung’. Die vierzig Skizzen von Gabriel Max (1866/67) bedeuten für Tille ‚das Aufräumen von allem Übernatürlichen’, zeigen ‚die Welt des mechanisch-physikalischen Experiments’. Gretchen wird hier schon — so wie später bei Käthe Kollwitz — unter dem Gesichtspunkt des Sozialproblems gesehen.“ [Wegner, S. 88 f.]

„Die Goethe zeitgenössische Illustration zum ersten Teile des Faust ist ein Stück Kunst- und Kulturgeschichte. Dann verfällt sie da, wo sie gebahnte Wege gehen zu können glaubt, wo Verehrung in Sentimentalität, in sicheren Scheinbesitz absinkt, der Verflachung des Jahrhunderts.“ [Wegner, S. 90]
„Den bisher umfassendsten Überblick über die Faustillustration des 20. Jahrhunderts gibt der Katalog der Ausstellung »Goethe in der Buchkunst der Welt« (Leipzig 1932) mit Beispielen aus nahezu allen Ländern Europas. Eine eigene Abteilung »Hundert Künstler der Welt huldigen Goethe« brachte größtenteils für diesen Zweck geschaffene Zeichnungen und Druckgraphiken, von denen hier nur noch die Zeichnung von Franz Masereel »Fausts Monolog«, die Lithos von Alfred Kubin »Faust und Lilith« und Karl Rössing »Klassische Walpurgisnacht«, die Holzschnitte von Hans Orlowski »Faust und Mephisto« und Max Pechstein »Faust und Mephisto auf dem Zaubermantel« erwähnt seien. Überblicken wir noch einmal die Faustillustration von den Anfängen des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, so zeigt die Illustration des 19. Jahrhunderts im Allgemeinen Einzelbilder oder Bilderfolgen von Szenen aus dem ersten Teile der Dichtung. Das 20. Jahrhundert bringt in seinen besten Werken die Wendung zum zweiten Teile der Dichtung und damit auch zur Darstellung des Mythischen in ihr. Es erweist sich damit, dass — ebenso wie die Musiker in ihren Darbietungen — die Illustratoren gerade da am besten, der Dichtung am kongenialsten sind, wo sie die Dichtung eigenschöpferisch gestalten, wie es sich schon am Verhältnis Goethes zu den Illustrationen von Delacroix und seinen Äußerungen über diese erwies. Die Auffassung eines großen Kunstwerks ist dauernden Wandlungen unterworfen, und je größer es ist, desto deutlicher wird dieser Wandel spürbar sein. Je origineller die Zeugnisse dieser Wirkung sind, desto lebendiger ist auch die Wirkung des Werkes. Es bleibt abzuwarten, ob noch einmal ein moderner, gegenständlich schaffender Künstler kommen wird, der allen Seiten der Faustdichtung gerecht wird, oder aber ob die Formensprache von morgen ihrerseits neue Aussagen zu Faust zu machen haben wird.“ [Wegner, S. 113]


Wegner:
Die Faustdarstellung vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Mit 90 Abbildungen / Wolfgang Wegner. — Amsterdam: Verlag der Erasmus Buchhandlung, 1962. 135 S.



 

 

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